Das richtige Kunstkonzept für mein Zuhause 21 Großen Einfluss nimmt auch das Licht, welches ein Werk in seiner Visualität und Wahrnehmung unterstützen kann. Ein dunkles, mystisches Bild wirkt mit einem Lichtspot ganz an- ders. Ein buntes, auffälliges Bild in einem opulenten Rahmen an einer farbigen Wand kann man mit Spots weiter hervorheben. Dadurch fällt es auch leichter, weitere Werke zu finden. Oder vielleicht auch Gegensätze. Es hat noch einmal einen ganz besonderen Reiz, wenn man beispielsweise schlichte Holz- skulpturen mit wilden Malereien kombiniert. Da muss man einfach in sich hineinhören. Haben Kunstwerke besondere Ansprüche an die Pflege oder andere Umwelteinflüsse? Natürlich kann man zu Hause nicht die klimatischen Bedin- gungen eines Museums schaffen. Aber in der Regel haben Sie auch keine großen Schwankungen bei der Temperatur oder der Luftfeuchtigkeit. Daher ist das kein Problem. Es gibt aber den- noch ein paar Empfehlungen von mir, die Sie zu Hause gut um- setzen können. Malereien müssen nicht zwangsläufig verglast werden. Ölfarbe zum Beispiel braucht teils mehrere Jahre, bis sie trocken ist. Da empfiehlt es sich, beim Verkäufer oder Künstler Informationen einzuholen. Zeichnungen und Fotogra- fien sollten nicht im direkten Sonnenlicht hängen. Das Papier und feine Linien, aber auch die Farbintensität, können sonst Schaden nehmen und verblassen oder verfärben. Es gibt spezielles Museumsglas, die das Werk schützen. Das zeigt sich aber dann auch beim Preis. Eine Verglasung nach Museumsstandards macht nur Sinn, wenn das Kunstwerk für Sie einen entsprechenden Wert hat oder besonders empfindlich ist. In der Regel ist es aber ausreichend, wenn man darauf achtet, dass das Werk keiner direkten Sonneneinstrah- lung ausgesetzt ist. Wie hoch sollte das Budget sein? Das Budget hängt von den eigenen Ambitionen ab. Wenn man nur seine eigenen vier Wände mit Kunst bereichern will, findet man schon ganz tolle Arbeiten – auch von namhaften Künstlern – ab 50 Euro. Der Preis ergibt sich unter anderem aus der Vita des Künstlers, aber auch aus einer inhaltlichen Auseinandersetzung oder der technischen Qualität. Wo hat er studiert? Was ist sein Markenzeichen? Welche Galerie stellt ihn aus? Es gibt junge Künstler, die sehr hochpreisige Werke verkaufen, etwa, weil sie gesellschaftspolitische Themen auf- greifen, aber auch ältere, die „günstig“ sind. Konzentriert man sich am besten auf einen Künstler oder Stil? Wenn man sich in ein Werk verliebt und Ambitionen für eine eigene Kunstsammlung hat, macht es Sinn, einem Künstler treu zu bleiben. Gerade dann, wenn man an der Entwicklung dieser Person teilhaben will. Dann schaut man einfach immer wieder auf der Webseite des Künstlers oder in der Galerie vorbei. Ge- rade beim Sammeln sollte man nicht wahllos kaufen, sondern den Grund hinterfragen. Kauft man beispielsweise nüchterne Schwarz-Weiß-Fotografien, die Industriemotive zeigen, stellt sich die Frage, ob man grundsätzlich Interesse an technischer, zeitgenössischer Architektur hat. So entsteht ein Oberthema für die eigene Sammlung, die sich auch weiterentwickeln und weiterdenken lässt. Was hängt bei Ihnen privat? Haben Sie ein Lieblings- kunstwerk? Fast alles, was mir persönlich gefällt, hängt auch bei mir zu Hause. Durch meine berufliche Tätigkeit habe ich viel Kontakt zu Künstlerinnen und Künstlern. Dadurch bekommen meine Werke daheim noch mal eine ganze andere, besondere Bedeutung. Neben der eigentlichen Werkaussage kommt noch eine persönliche Komponente, eine Erinnerung an einen schö- nen Moment oder ein tolles Gespräch mit dem Künstler dazu. Mein Lieblingswerk steht in der Küche auf einem Regal. Es ist ein Werk von Zora Mann. Die Künstlerin hat einen ganz spannenden Lebenslauf. Sie hat an der Academy of Contemporary Art and Research „Villa Arson“ in Nizza studiert, verfügt über einen bri- tischen Pass, lebt und arbeitet in Berlin und hat schon auf fast jedem Kontinent der Erde gelebt. Dieses kosmopolitische Dasein drückt sich auch in ihren Werken aus: Die Formensprache und auch die Farbigkeit zeugen von einem transkulturellen Kunstver- ständnis. Neben dem Aquarell steht ein kleiner Bonsai. Dieses Arrangement begleitet mich durch meinen Alltag und inspiriert mich immer wieder. Text: Nicole Westhauser Der Kunstverein Reutlingen Seit 1953 fördert und vermittelt der Kunstverein Reutlingen in über 300 Ausstellungen zeitgenössische Kunst. Die lichtdurchflutete Ausstellungshalle mit 1.000 Quadratmetern in der historischen Industrie- architektur, ist einer der schönsten Schauräume für Kunst in Baden-Württemberg. Die aktuelle Ausstellung „Kunst Reutlingen 2020“ und „Anna und Erich Mansen“ sind aktuell auf- grund der Corona-Krise nicht zugänglich, werden aber nach Wiederöffnung des Kunstvereins bis zum 16. August 2020 verlängert. Die wichtigsten Webseiten: www.kunstverein-reutlingen.de www.kunstvereine.de www.bvdg.de www.artothek.org n e g n i l t u e R e s s a k r a p s s i e r K